Presseerklärung:
Bundesstraße über KZ-Gelände
Die Lagergemeinschaft Ravensbrück/Freundeskreis e.V. verwahrt sich
entschieden dagegen, dass eine Straße über KZ-Gelände geführt wird.
Folgende Pressemitteilung wurde gestern veröffentlicht.
Es besteht die akute Gefahr, dass die Umgehungsstraße der B 96 in
Fürstenberg/Havel (Brandenburg) nun doch über KZ-Gelände verlaufen wird.
Bei einer Besprechung am 30.06.2001 im Landratsamt Oberhavel auf
Einladung der Bundestagsabgeordneten Angelika Krüger-Leißner (SPD) wurde
eine enge Umfahrung des Lagerkomplexes Ravensbrück/Uckermark als
unrealisierbar bezeichnet. Von sechs Varianten werden jetzt nur noch
zwei Varianten, die beide über früheres KZ-Gelände führen, ernsthaft
geprüft. An dem Treffen nahmen Vertreterinnen und Vertreter zuständiger
Behörden und Planungsgremien sowie der Stadt Fürstenberg, der Stiftung
Brandenburgische Gedenkstätten und der Lagergemeinschaft
Ravensbrück/Freundeskreis teil.
Über die Trassenführung der Ortsumgehung Fürstenberg wird seit 1995
diskutiert. Bereits damals sollte die favorisierte Variante über das
KZ-Gelände führen. Die Lagergemeinschaft Ravensbrück/Freundeskreis und
das Internationale Ravensbrück-Komitee wandten sich entschieden gegen
eine solche Missachtung eines Ortes, an dem zehntausende Frauen, Männer
und Kinder von der SS ausgebeutet, gequält und ermordet wurden.
1996 einigten sich die Lagergemeinschaft Ravensbrück und Fürstenberger
Bürgerinnen und Bürger auf eine enge östliche Umfahrung des
Lagerkomplexes Ravensbrück/Uckermark. Die Beteiligten stimmten darin
überein, dass die Ortsumgehung Fürstenberg dringend erforderlich sei,
dass die Straße aber nicht über KZ-Gelände führen dürfe.
Bei einer Beratung im Februar 2001 favorisierte das Straßenbauamt
Strausberg zur Bestürzung der Lagergemeinschaft erneut die Variante 4,
die den Lagerkomplex zwischen dem Stammlager Ravensbrück und dem
KZ-Uckermark zerschneidet. Im Ergebnis der Diskussion stimmte das
Straßenbauamt zu, die technische Machbarkeit der engen östlichen
Umfahrung des Lagerkomplexes (Variante 5)zu prüfen. Die Prüfung ergab,
dass Variante 5 technisch machbar ist. Zugleich teilte das
Straßenbauamt jedoch mit, dass diese Linienführung in ein inzwischen
beantragtes FFH-Gebiet falle und somit angeblich ausscheide. Bei der
Überprüfung einer möglichen Ausnahmegenehmigung von dieser
Naturschutzrichtlinie der EU sei mit einer Bearbeitungszeit von bis zu
sechs Jahren zu rechnen, hieß es.
Neben der Variante 4 präsentierte das Straßenbauamt eine weitere
Trassenführung (Variante 4/5), die ebenfalls über KZ-Gelände führt. Die
weiter westlich verlaufenden Varianten 1 bis 3, die den Lagerkomplex
nicht berühren, waren nicht Gegenstand der Prüfung.
In der Besprechung wurde deutlich, dass die vom Brandenburgischen
Landesamt für Denkmalpflege vorgelegte Denkmalsbereichssatzung, die
auch das Siemens-Gelände und das KZ Uckermark einschließt, noch immer
nicht von der Stadtverordnetenversammlung Fürstenberg verabschiedet
wurde. Ohne diese Verzögerung stünde allen Varianten, die den
Lagerkomplex durchqueren, der Denkmalschutz entgegen.
Voller Entsetzen nahmen anwesende Überlebende des Konzentrationslagers
Ravensbrück auf, dass selbst der Direktor der Stiftung Brandenburgische
Gedenkstätten, Dr. Günter Morsch, eine Straße über das Jugend-KZ und
spätere Vernichtungslager Uckermark (Variante 4/5) in Kauf nehmen würde.
Die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück ist Teil der Stiftung
Brandenburgische Gedenkstätten. Im Frauenkonzentrationslager
Ravensbrück waren zwischen 1939 und 1945 mehr als 130.000 Menschen aus
ganz Europa inhaftiert. Zum Lagerkomplex gehören außerdem das
Siemens-Gelände und das Jugend-KZ und spätere Vernichtungslager
Uckermark.
haGalil onLine
04-07-2001 |